Heute lassen wir ganz entspannt los vom krampfhaften Loslassen!
… und betrachten die ganze Thematik mal von einer anderen Seite – damit es doch noch klappt mit dem, was wir eigentlich mit dem „Loslassen“ bezwecken. Im „Modernen Esoterischen Fünfkampf“ – pardon, liebe Hardcore-Esoteriker! – wird ja in der Königs-Disziplin „Loslassen“ mit allerlei Ritualen & Hilfsmitteln versucht, etwas loszulassen. Meistens irgendwelche Gedanken & Erinnerungen an Menschen, die quälend & blockierend im Kopf herum spuken. Leider sind die Erfolge dieser durchaus aufrichtigen Versuche eher bescheiden. Das Universum – oder wer auch immer – will uns ganz offensichtlich unseren Müll nicht abnehmen!
Eines Tages kam mir eine Bekannte freudenstrahlend entgegen und erzählte mir begeistert von ihrem neuen Lebens-Gefährten, den sie vor einigen Wochen an einem Eso-Seminar kennengelernt hatte. Mittlerweile dachten die beiden bereits übers Zusammenziehen nach. „Ich spüre es ganz deutlich“, meinte sie, „er ist der Richtige. Mein Bauchgefühl und mein Herz sagen klar Ja. Er ist der Mann für eine gemeinsame Zukunft.“ Ich wünschte ihr von Herzen viel Glück.
Ein paar Monate später traf ich sie wieder – nicht resigniert, nur reichlich desillusioniert (frei nach BAP …). Die beiden Turteltauben hatten sich getrennt, noch ehe es richtig losgegangen war. „Ich habe einfach nicht auf mein Bauchgefühl gehört“, so meine Bekannte. „Von Anfang an hatte ich so ein ungutes Gefühl, ich wollte es bloss nicht wahrhaben, habe einfach nicht richtig in mich hineingespürt und meine Bedenken beiseite geschoben. Hätte ich mich doch auf meine Intuition verlassen …“.
Aha. Vielleicht hatte das Bauchgefühl ein kleines Burn-out …
„Ich schaue wieder vorwärts“, fuhr sie fort. „Aber es fällt mir schwer loszulassen. Besonders jetzt in der neuen Wohnung, wo noch ein paar Sachen von ihm rumstehen … die ganzen Erinnerungen … du weisst schon … Jetzt habe ich dieses Wochenend-Seminar im Schwarzwald gebucht, „Rituelles Loslassen“, vielleicht hilft‘s …“
Vielleicht. Vielleicht werden die Teilnehmer/innen ihre Probleme auf Zettel schreiben und anschliessend zerreissen, in einem feierlichen Ritual verbrennen oder den Bach hinunter fliessen lassen oder so ähnlich. In der gut gemeinten Hoffnung, anschliessend alles irgendwie losgeworden zu sein. Etwa so ähnlich wie andere in Urlaub fahren in der Hoffnung, alles hinter sich zu lassen. Ohne zu realisieren, dass sie das, was sie noch so gerne ebenfalls hinter sich gelassen hätten, immer noch bei sich haben: sich selber.
Ich wünschte ihr – wieder einmal – viel Glück. Wir kennen uns schon ewig, seit frühester Kindheit. Sie hielt mich damals für ein unerträglich-besserwisserisches *rschloch – und ich sie für eine geschwätzig-intrigante Zicke. Und ungefähr so haben wir uns das auch mitgeteilt. Aber seither ist viel Gras über alles gewachsen, und heute können wir über den ganzen Mist von Herzen lachen – ohne alte Ressentiments, das meiste haben wir ohnehin vergessen … Aber instinktiv versucht man wohl trotzdem, gewisse „Altlasten“ zu vermeiden, also in meinem Falle nicht etwa gönnerhaft-besserwisserisch daherzuschwafeln!
Ansonsten hätte ich wahrscheinlich gesagt: Komm, lass uns bei mir zu Hause gemütlich Kaffee trinken oder so ähnlich. Und dann hätten wir uns vor mein Bücher-Gestell gesetzt, und ich hätte ihr die Geschichte – oder Legende – vom Loslassen erzählt …